20.07.2021
"Ich möchte ein Sprachrohr für Jugendliche sein!"
Jugendparlament wird in Dinklage am 12. September gewählt
Dinklage (jarö) – In Dinklage sollen Jugendliche künftig Politik und Stadt mitgestalten dürfen, denn die Stadt am Burgwald soll zum 1. November 2021 ein Jugendparlament bekommen. Das hat der Rat der Stadt Dinklage über alle Fraktionen hinweg in großer Einstimmigkeit beschlossen. Gewählt werden soll das neue Gremium parallel zur Kommunalwahl in Niedersachsen am 12. September.
Hier zunächst ein Rückblick: Angeregt hatte das Thema die SPD-Fraktion. Der Sozialdemokrat Udo Quaschigroch ist fest davon überzeugt, dass das Mitbestimmungsorgan „ein Sprachrohr“ für die Jugendlichen werden wird, und dass die Jugendlichen sagen werden, „was ihnen am Herzen liegt“. Wenn Jugendliche früh Verantwortung übernähmen, profitiere später die komplette Kommunalpolitik davon. Der SPD-Mann blickt zum einen auf die Gemeinde Goldenstedt, wo zwei frühere Jugendparlamentarier mittlerweile im Gemeinderat Ausschuss-Vorsitzende seien. Quaschigroch schaut auch auf sich selbst: Er sei früher Klassen- und Schulsprecher gewesen, was ihm bei seiner kommunalpolitischen Arbeit geholfen habe, findet der Dinklager. Auch CDU-Vertreter Tim Dorniak lobt, dass das Jugendparlament „der richtige“ Weg sei, um Jugendliche einzubinden. Für Florian Hinxlage vom Bürgerforum ist das Jugendparlament ein „Paradebeispiel für gute Kommunalpolitik“. Das Gremium werde die Stadt bereichern. Hauptamtsleiter Alfons Echtermann, sowie die Auszubildende Alina Abeln, beide Mitglieder im entsprechenden Arbeitskreis, finden, das Jugendparlament sei „eine gute Sache“. Dass die Jugend diverse Themen bewege, habe auch das politische Speed-Dating gezeigt, sagt Bürgermeister Frank Bittner. Angedacht ist nun, dass das Jugendparlament über 15 Sitze verfügen und zusammen mit der Kommunalwahl am 12. September 2021 gewählt werden soll. Stimmberechtigt sind alle Dinklager Jugendlichen im Alter von zwölf bis 21 Jahren. Das sind laut Erhebung 1.444 Stimmberechtigte. „Gemeinsam etwas bewegen“, lautet das Motto des Dinklager Jugendparlaments. Es soll „Sprachrohr der Kinder und Jugendlichen“ sein, wie es die zuständige Medienberaterin Dorothea Stania formuliert. Dazu gehöre die Spielplatz- und Freizeitgestaltung in der Stadt, aber auch die Beratung der Kommunalpolitiker bei jugendrelevanten Themen. Daneben solle die politische Jugendvertretung Veranstaltungen organisieren, also Öffentlichkeitsarbeit betreiben. Die Mitglieder sollen an Stadtrats- und Kreistagssitzungen teilnehmen können. Auch soll dem Parlament ein eigenes finanzielles Polster in Höhe von 7.000 Euro zur freien Verfügung stehen. Pflicht ist es, sich regelmäßig zu treffen und das Ehrenamt für die Dauer von mindestens zwei Jahre aktiv auszuführen. Ein Stimmrecht im Stadtrat gibt es allerdings nicht.
„Ich finde es eine gute Möglichkeit für Jugendliche, endlich zu entscheiden, was für sie gut ist!“, erklärt dazu Anton Scheper. „Dass man da aber zwei Jahre lang mitmachen muss, ist für mich nicht erfreulich. Was ist, wenn jemand vorzeitig gar keine Lust mehr hat?“, fragt sich der 16 Jahre alte Schüler, der später einmal Nautik studieren möchte und heute bereits ein begeisterter Schiffsmodellbauer ist.
Leon Nieberding fragt sich, warum nicht bereits Fünftklässler ebenfalls wählen dürfen und am Jugendparlament beteiligt werden. „Sie haben doch die gleichen Interessen wie ältere Schüler und Jugendliche“, meint der 17-Jährige, der eine Ausbildung zum Land- und Baumaschinenmechatroniker machen möchte. „So wären dann alle Schülerinnen und Schüler der weiterführenden Schulen gleichermaßen angesprochen!“, sagt der begeisterte Modelleisenbahner.
Nicole Semenow lobt, dass das Jugendparlament eine gute Gelegenheit sei, dass „Jugendliche auch mitreden und selber etwas unternehmen können“. Insbesondere die Diskussion um den Skateboardplatz habe sie nach eigenen Angaben mit Interesse verfolgt, da sie selber gerne skate. Nach ihrem Schulabschluss im Sommer stehe für die Realschülerin jetzt ein sogenanntes „Freiwilliges Soziales Jahr“ (FSJ) an, das sie beim Kardinal-von-Galen-Haus absolvieren wolle. Neben dem Skatebordfahren begeistert sich die 16-Jährige für das Zeichnen und Lesen.
„Meiner Meinung nach ist die Idee eines Jugendparlamentes zwar gut, es wird jedoch aus den falschen Gründen umgesetzt“, meint Maik Müller. „Es soll der Jugend eine Stimme geben, doch aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass man als Teenager von Erwachsenen nicht wirklich ernst genommen wird“, so der 16 Jahre alte Müller. „Ich glaube, man will ein Gefühl des Mitspracherechts erschaffen, um zukünftig mehr Wähler zu bekommen. Zudem scheint es mir nicht professionell umgesetzt zu werden, da die Jugendlichen sich zu selten im Jahr treffen, aber zwei Jahre lang an das Amt gebunden werden. Das ist mir einfach zu lange!“
„Beim Jugendparlament kann ich etwas bewegen!“, findet hingegen Kevin Meier. Der 14Jährige musste nicht lange überlegen, sich ehrenamtlich einsetzen zu wollen. Meier tritt als Kandidat an. „Ich möchte selber ein Sprachrohr für Jugendliche sein“, bekundet der Oberschüler, der von sich selbst sagt, in „einem großen Freundeskreis vom siebten bis neunten Schuljahrgang sehr gut vernetzt“ zu sein. „Bei meinen Gleichaltrigen erkundige ich mich nach deren Bedürfnisse“, so Meier bereits mit ganz konkreten Vorstellungen. „Wie kann ich mich in Dinklage wohler fühlen“, so sein Anspruch. Denn es fehle im Stadtgebiet ein Platz und Treffpunkt für die über 14jährigen Jugendlichen, wo sie sich aufhalten dürfen. Meier geht in die achte Klasse des Realschulzweiges an der Oberschule Dinklage. Er macht gerne mit seinem Fahrrad Radtouren und ist darüber hinaus in der Jugendgruppe des Technischen Hilfswerkes Lohne ehrenamtlich engagiert.
Hauke Rohe ist vom Jugendparlament ebenfalls schlichtweg begeistert. Der 16 Jahre alte Gymnasiast und Schüler der Oberschule Dinklage mit gymnasialem Zweig will sogar ganz sicher für das Jugendparlament kandidieren. „Ich möchte die Welt verbessern“, tritt Rohe an, der sich für seine Altersgenossen einsetzen möchte. „Viele Orte in Dinklage kann man für die Jugendlichen verbessern – nicht nur die skaterbahn und Spielplätze sowie Sportstätten“, erklärt der leidenschaftliche U18-Basketballspieler des Rasta Vechta gegenüber dieser Zeitung, der später einmal Physik studieren und sich bei den Raumfahrtbehörden NASA oder ESA bewerben möchte.
Weitere Fragen zum Jugendparlament beantwortet die Dinklager Stadtverwaltung. Kontaktmöglichkeiten sind per E-Mail: jugendparlament@dinklage.de, per Telefon 04443/8990 und über die Social-Media-Kanäle möglich.
Text und Bilder: Jan Röttgers, StR